Die Kunst des Reisens. Live
Die vorliegende KontraSax-Produktion „Die Kunst des Reisens. Live“ ist nach „Kontrasax“ (JHM 074), „…plays Gertrude Stein“ (JHM 096), „Zanshin“ (JHM 130), 20 Jahre KontraSax Live“ (JHM 210) und „25 Years Kontrasax & Friends. Live“ (JHM 240) bereits die fünfte JHM-Veröffentlichung des Duos.
Seit 1980 hat sich in Köln, dem Improvisationsschmelztiegel Deutschlands, ein überwältigend vielfältiger, sich gegenseitig durchdringender Mikrokosmos im Bereich Jazz und Improvisierter Musik etabliert, der nach wie vor führend in Europa ist. Trotz vielfacher Vernetzung der kölschen Improvisationsszenarien, trotz unterschiedlichster Stilneubildungen aus diesem Bereich leben in Köln viele MusikerInnen, die sich auf die kommunikativen Wurzeln des Jazz, der Improvisation besinnen und dabei auf das Instant Composing, die Königsdisziplin der Improvisation: das spontane Erfinden der kompletten improvisatorischen Dramaturgie live auf der Bühne.
Im Gegensatz zu so vielen ihrer KollegInnen, die heutzutage projektorientiert und fixiert auf wenige Proben vor den jeweiligen Konzerten arbeiten, sind Christina Fuchs und Romy Herzberg mit KontraSax als Working Band zu begreifen: linear, als Teil ihres Selbstkonzepts, in Form einer - bereits drei Jahrzehnte, vielleicht sogar lebenslang - andauernden musikalischen Beziehung.
KontraSax hatte sich in in ihren ersten zehn Jahren ihrer Zusammenarbeit auf sehr unterschiedlichen Szenen präsentiert: Theater, Hörspiel, Literatur, Kunst, Filmmusik (Dokumentation), Tanz, Raumkunst/Installationen, Museen. Dadurch wurde die Bezugnahme der KontraSax-Musik zu anderen Medien und Künsten begründet und etabliert. Im Lauf der Jahre wurde genau dies dann zum „Markenzeichen“ von KontraSax.
Christina Fuchs und Romy Herzberg beeindrucken mit ihrem musikalischen Farbenspektrum, ihrer spannenden Vernetzung frei improvisierter Strecken mit vorstrukturierten Elementen, dem Wechselspiel von Meditation und Perkussion und vor allem ihrem unbedingten Aufeinanderhören, der Grundvoraussetzung für jede musikalisch-kommunikative Dialektik.
Die Summe solch vorzüglicher Parameter - Balsam für unsere improvisationshungrigen Herzen genauso wie für den struktursuchenden Verstand - hat KontraSax schon vor langer Zeit aus der Diaspora der Improvisierten Musik herausgeführt und das Lebenswerk der beiden Musikerinnen um einen entscheidenden Teil erweitert: um die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit den künstlerischen Außenwelten des Films, der Bühne, der von LiteratInnen, SchauspielerInnen und TänzerInnen. Sie machen KontraSax zu einem Gesamtkunstwerk: Das Reisen zu den Künsten wird wahrhaftig zur Kunst des Reisens.
Georg Ruby, JazzHausMusik Köln